Im Archäologischen Nationalmuseum in Aquileia eröffnet am Samstag, dem 8. Juni, die Ausstellung „Großartige Rückkehr. Aquileische Schätze aus dem Kunsthistorischen Museum Wien“. Organisatoren der Initiative sind die Stiftung Aquileia, das Museale Zentrum der Region Friaul-Julisch Venetien und das Kunsthistorische Museum Wien.

Eine Zeitreise, die uns dank der 110 Exponate des Kunsthistorischen Museums in das Aquileia vor 2200 Jahren und des 19. Jahrhunderts zurückversetzt, als die Stadt noch zum Habsburgischen Reich gehörte und die Wiener Sammlungen eine institutionelle Alternative zum privaten Sammlertum der ortsansässigen Familien und der Zerstreuung des Materials auf dem Antikenmarkt waren.

Die Ausstellung bringt nach fast 200 Jahren wieder einige der bedeutendsten archäologischen Fundstücke nach Aquileia zurück, die jemals im aquileischen Bodenreich gefunden wurden und derzeit zur permanenten Sammlung des Kunsthistorischen Museums in Wien gehören. 

Eine wichtige Gelegenheit, um einige der Meisterwerke der Adriastadt im historischen Kontext zu präsentieren, für den sie geschaffen und in dem sie verwendet wurden, was bei vielen Stücken erstmals seit ihrem Auffinden vor langer Zeit der Fall ist. Zudem auch eine Gelegenheit, um diesen wichtigen Moment in der Geschichte Aquileias zu erzählen, der im Lauf der mehr als zwei Jahrhunderte andauernden, intensiven Sammlungs-, Ausgrabungs- und Forschungstätigkeiten in der Neuzeit nach und nach zur Wiederentdeckung der wahren Größe der antiken Römerstadt führte.

„All unser Dank gilt heute dem Kunsthistorischen Museum – erklärt Antonio Zanardi Landi, Vorsitzender der Stiftung Aquileia – für seine Bereitschaft, uns alle wichtigen Stücke der Aquileia-Sammlung als Leihgabe zu überlassen. Es ist niemals einfach, wichtige Kunstwerke an ihren Herkunftsort zurück zu bringen, denn unterschwellig besteht immer die Furcht davor, dass sich in der öffentlichen Meinung und der stets auf eine große Ausstellung folgenden Debatte die Idee der Plünderung und des „Fortschaffens“ einschleichen könnte. Die Offenheit und der Kollaborationssinn aller Verantwortlichen am Kunsthistorischen Museum und die Bedeutung, die den aquileischen Exponaten in den Wiener Ausstellungssälen zugemessen wird, machen uns vielmehr deutlich, dass zwischen Wien und Aquileia ein wirklich sehr positives Verhältnis besteht und dass Aquileia im Kunsthistorischen Museum Wien in Wahrheit eine Art „österreichische Niederlassung“ gefunden hat, die darüber hinaus auch ein Aushängeschild mit einmaliger Anziehungskraft und großartigem Darstellungsvermögen für die einstige Römerstadt ist.“

„Ab 1817 – erläutert Georg Plattner, Direktor der Griechischen und Römischen Antikensammlung im Kunsthistorischen Museum Wien – wurden ca. 340 antike Fundstücke von Aquileia nach Wien geschickt, fünfundvierzig kehrten 1921 im Rahmen der Rückgaben Österreichs an Italien nach dem Ersten Weltkrieg nach Aquileia zurück: darunter befanden sich Skulpturen und Inschriften, Ziegelmarken und andere kleinere Gegenstände.“ „Die Aquileischen Meisterwerke – betont die Direktorin des Museums, Sabine HAAG – haben bis heute nichts an ihrem hohen Stellenwert als bedeutende Zeugnisse einer längst vergangen Zeit eingebüßt“.

„Der Ausstellungsrundgang führt durch die kürzlich neu eingerichteten Säle des Archäologischen Nationalmuseums“ erklärt Luca Caburlotto, Direktor des Musealen Zentrums der Region Friaul-Julisch Venetien. „Die aus Wien eingetroffenen Meisterwerke wurden in das Umfeld ihres Auffindens eingesetzt und in ihrer ursprünglichen Verwendung dargestellt, und vervollständigen so den historischen Ablauf der Erzählung. Durch den Dialog mit all den anderen innerhalb der einzelnen Abteilungen ausgestellten Stücken, die nach und nach auf verschiedenstem Weg in die permanente Sammlung gelangt sind, können wir der geschichtlichen Rekonstruktion der antiken Stadt ein weiteres Puzzleteil hinzufügen“.

„Die Ausstellung versetzt uns zurück in die Pionierzeit der Archäologie in Aquileia, zwischen dem späten 18. und dem frühen 19. Jahrhundert“ sagt Cristiano Tiussi, Direktor der Stiftung Aquileia. „Es ist die Zeit der gelegentlichen Grabungen, die, obgleich sie einzig das Auffinden antiker „Schätze“ bezweckten, dennoch zu sehr bedeutenden Entdeckungen führten, die bisweilen noch immer von einer geheimnisvollen Aura umgeben sind. In gewisser Weise waren sie Wegbereiter der ersten groß angelegten Probegrabungen österreichischer Archäologen, die zwischen 1872 und 1875 beim Circus und den spätantiken Mauern stattfanden, und vor allem der enorm wichtigen Grabungen um den Basilikakomplex, die im Jahr 1893 begannen“.

Unter den „großartigen Rückkehrern“, die den aquileischen Sommer prägen werden, sticht besonders das Marmorrelief der Tauroktonie hervor; die Darstellung des Mithras mit Phrygenmütze, Schlange, Skorpion bei der Tötung des heiligen Stiers versetzt uns zurück in die chtonischen Kulte der Antike, die prägenden Einfluss auf die Menschheitsgeschichte hatten. Nach Aquileia gelangte Mithras am Ende einer langen Reise aus dem Orient, genauer gesagt aus Indien und Persien, wo der ihm gewidmete initiatorische Mysterienkult Jahrhunderte zuvor entstanden war. 

„Die weite Verbreitung der Mithraskulte – besonders unter Soldaten – in der Gegend um Aquileia ist einerseits ein Hinweis auf die der Kolonie von Rom zugedachte militärische Rolle, um die Ausdehnung des Reichs Richtung Balkan und Noricum zu ermöglichen; zum anderen unterstreicht sie ganz deutlich Aquileias Rolle – einzigartig im ganzen Römerreich – als wirtschaftliche und kulturelle Schnittstelle zwischen dem Caput Adriae und dem Orient (Balkanländer, aber auch mediterraner Alter Orient, Ägypten und Nordafrika). Dank dieser kulturellen Vermittlerrolle im Herzen Europas während der Antike und Spätantike konnten sich in Aquileia Eigen- und Besonderheiten in der Kultur, der Kunst und den in der Römerstadt florierenden Kultformen entwickeln“ erläutert Antonio Zanardi Landi.

„Das Mithras-Relief – erklärt Marta Novello, Direktorin des Archäologischen Nationalmuseums Aquileia – war bei seiner Entdeckung im Jahr 1888 ursprünglich dem Archäologischen Museum versprochen worden, wurde dann jedoch Kaiser Franz Joseph zum Geschenk gemacht. Im Museum in Aquileia verblieb nur ein Gipsabdruck, der noch heute einen Hinweis auf den untrennbaren fil rouge gibt, der beide museale Realitäten miteinander verbindet. Die Sammlungen entstanden fast zeitgleich: das eine im Jahr 1891 als Kunsthistorisches Hofmuseum, das andere unter dem Namen Imperial Regio Museo dello Stato im Jahr 1882, auf direktes Betreiben des Kaisers Franz Joseph als klarer Ausdruck der Kulturpolitik des Österreich-Ungarischen Reichs und Beweis des langen Prozesses, der im Laufe des 19. Jahrhunderts in Europa zur Ausreifung des modernen Konzepts der Museen als staatliches Gut im Dienst der Bürger führte“. 
 
Eines der wertvollsten Exponate ist die silberne Opferschale, ein außergewöhnlicher Teller mit komplexer, allegorischer Darstellung der Fülle und der Feier der Landwirtschaft, den Graf Francesco Leopoldo Cassis Faraone im Jahr 1816 Kaiser Franz I. zum Geschenk machte, sowie das Bronzekreuz aus dem 4. Jahrhundert mit Monogramm aus den Initialen des griechischen Namens Christi, das über eine Schenkung des Freiherrs Hektor Ritter von Zahóny um Mitte des 19. Jahrhunderts nach Wien gelangte. 

Die Ausstellung umfasst auch viele wertvolle Exponate, die über das Kaiserliche Münz- und Antiquitätenkabinett (ursprünglicher Kern des Kunsthistorischen Museums) in Wien zusammengeflossen waren; dorthin überstellten die der Überwachung der Grabungen vorstehenden lokalen Funktionäre die aquileischen Antiken bis zur Gründung des Archäologischen Museums im Jahr 1882. Es handelte sich um Edel- und Schmucksteine, Münzen, Bronzegegenstände, wie beispielsweise die kunstvolle grüne Gemme mit weiblichem Portrait (die komplizierte Frisur entspricht der damals unter den Prinzessinnen der Kaiserfamilie gängigen Mode) in nunmehr moderner Goldfassung, oder den Glasfluss mit Darstellung des Circus Maximus in Rom, heute auf einem modernen Silberelement. 

Mit Unterstützung der Stiftung Aquileia konnte die so genannte Venus von Aquileia restauriert werden, die nach einer langen Lagerzeit in Wien nun endlich ausgestellt werden kann. Die Statue wurde 1824 gefunden und 1828 an die Kaiserlichen Sammlungen in Wien verkauft; dargestellt ist eine nackte Göttin, deren Köper nur um die Hüften von einem Mantel umhüllt ist. Die Skulptur ist ein klarer Verweis auf die Venus Marina und stammt von einer hellenistischen Ausgestaltung (2. Jahrhundert v. Chr.) der hochberühmten Aphrodite von Knidos des Praxiteles (4. Jahrhundert v. Chr.), der ersten vollkommen nackten Darstellung der Gottheit. Die Statue in Aquileia war vermutlich an einem öffentlichen Ort aufgestellt, vielleicht im Theater oder in den Thermen der Stadt.  

Unter den Exponaten aus Stein ist insbesondere ein recht großes, bruchstückhaft erhaltenes Relief aus weißem Marmor zu nennen, das eine rituelle Stieropferung vor einem Altar darstellt. Auf dem Bruchstück, das stilistisch auf das Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr. datierbar ist, sind alle wesentlichen Momente eines Opfers dargestellt, das zwei Personen – vielleicht die Magistrate der Kolonie oder einige Mitglieder der Kaiserfamilie – den Gottheiten darbringen. Die Darstellung vergegenwärtigt die in der römischen Religion praktizierten großen Tieropfer, bei denen nacheinander die Opfertiere - ein Stier, ein Schaf und eine Sau – getötet wurden. Das aquileische Relief findet außer in Rom nur wenig vergleichbare Exemplare; es war vermutlich an einem öffentlichen Ort wie dem Forum oder einem heiligen Bereich angebracht.

Abschließend ist noch die rundansichtige Adlerstatue aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. zu nennen, die auf einem aus einem Stück gefertigten Sockel steht: der lebensgroß und mit ausgebreiteten Schwingen dargestellte Adler wurde häufig symbolisch für die Macht des Römischen Reiches verwendet und war eines der mit dem Jupiterkult verbundenen Tiere.
 

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Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag  (Montag geschlossen); 
h 10-19, die Kasse schließt eine Stunde vorher.
Preis: 
- € 10 (Eintritt Archäologisches Nationalmuseum + Ausstellung);
- € 16 (UNICO-Ticket, umfasst folgende Eintritte: Archäologisches Nationalmuseum, Ausstellung, Basilika, Krypten, Glockenturm, Taufkapelle, Domus und Bischofsresidenz).